Ulrike Arnold
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Eröffnungrede zur Ausstellung »Erdnah – Sternenfern«
Deutsche Bank, Köln, 19. Oktober 2005

von Jaap Bremer
Kroeller Moeller Museum, Otterlo, NL

Bilder aus Erde und Meteoritenstaub

Wenn Sie möchten, würde ich gerne, bevor ich auf das Werk von Ulrike Arnold eingehe, zunächst mittels einiger "Statements" verdeutlichen, was zeitgenössische Kunst für Sie und für mich bedeuten könnte. So kann ich Ihnen vielleicht am besten einen Eindruck vermitteln von dem Klima, in dem das Werk von Ulrike Arnold möglichst gut zu seinem Recht kommt. Kunst ist eine einmalige Art, um inne zu halten. Sie bietet eine äußerst wertvolle Gelegenheit um uns zu berühren zu lassen von Emotionen und unerwarteten, anregenden Gedanken. Kunst verwirrt und stellt Fragen, die wir uns selbst normalerweise nicht stellen. So kann Kunst zu ganz neuen Einsichten und Erfahrungen führen.

Der Maler Max Beckmann charakterisierte die Funktion der Kunst und des Künstlers im 20. Jahrhundert wie folgt: „Kunst dient der Erkenntnis, nicht der Unterhaltung, der Verklärung oder dem Spiel. Das Suchen nach dem eigenen Selbst ist der ewige, nicht zu übersehende Weg, den wir gehen müssen." Aber Kunst kann uns durch ein Gefühl von Schönheit und Spiritualität auch herausreißen und emporheben aus unserem Alltag. Kunst kann uns Trost bieten und Belebung.

1888 schrieb Vincent van Gogh aus Arles an seinen Bruder Theo: Ach, lieber Bruder, manchmal weiß ich so genau was ich will. Ich kann im Leben und in der Malerei recht gut ohne den lieben Gott auskommen, aber ich kann - ein leidender Mensch - etwas nicht entbehren, das stärker ist als ich und mein wirkliches Leben ausmacht: die Kraft zu schallen, (...)" Und er setzt fort: „Mit einem Gemälde möchte ich etwas tröstliches sagen, wie Musik, Ich möchte Männer oder Frauen malen mit dieser Ewigkeit, deren Zeichen einst der himmlische Schein war und die wir in der Ausstrahlung, in der Schwingung unserer Farben wieder zu geben suchen"

Sie werden mit mir übereinstimmen, das er das Tröstende und die ewige Schönheit nicht allein in seinen Portraits eingefangen hat, sondern auch in seinen leuchtenden Gemälden mit Zypressen, Kornfeldern und Sonnenblumen. Kunst ist allzeit positiv, auch wenn alte wie neue Kunst häufig das Negative im Menschen, wie Krieg, Gewalt, Leid und Unterdrückung, thematisiert. Kunst überdauert Zeiten, häufig im Gegensatz zu anderen Elementen der Geschichte, zumindest so lange keine Kriege geführt werden, die den Menschen vernichten, inklusive seiner Kunst. Kunst ist der optimale Ausdruck und Verteidigung des Humanen. Darum ist Kunst in diesen verwirrenden Zeiten von Kriegen, Ausbeutung und übertriebenem, materiellem Konsum eine absolute Notwendigkeit. Aber Kunst kann das alles insbesondere deshalb sein, weil sie eine einmalige Schöpfung ist von einem einzigartigen und ursprünglichen Individuum. Wegen all dieser Gründe ist es ein besonderes Geschenk, dass wir hier heute konfrontiert werden mit dem Werk von einem dieser einzigartigen Menschen, der Künstlerin Ulrike Arnold.

Bevor ich mich mit Ihnen gemeinsam in ihr Werk vertiefe, möchte ich aber noch ganz kurz auf die Tatsache eingehen, dass wir uns hier in Räumen der ,Deutschen Bank' befinden, und nicht in einem Museum oder einer Galerie. Es ist sehr begrüßenswert, dass es in Deutschland, aber auch im übrigen Europa, inzwischen selbstverständlich geworden ist, dass große Unternehmen, Einrichtungen und Betriebe ihre Türen für die zeitgenössische Kunst öffnen. Dies betrifft sowohl den Aufbau einer eigenen Sammlung, als auch die Organisation von Ausstellungen und die Vergabe von Stipendien. Und es ist bemerkenswert, dass sie das noch immer tun, gerade heute, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Es zeugt von einem offenen Geist, dass die Leitungen dieser Unternehmen sich offenbar bewusst dafür entschieden haben, ihre Mitarbeitenden, Kunden und Gäste in Kontakt zu bringen mit der häufig schwer verständlichen Gegenwartskunst. Viele Menschen stehen ihr fremd bis absolut abweisend gegenüber. Sie sehen Darstellungen, die sie nicht einordnen können; sie schauen auf ein „schönes" Bild und fassen dessen reine Erscheinung als Botschaft des Werkes auf. Aber ein Kunstwerk hat, wie sie wissen, mehrere Schichten, Wenn es dann kein „schönes", anschauliches Bild mehr ist, sondern es allein Formen und Farben gibt, werden Menschen meisten sehr unsicher. Daher ist es gut, dass auch Kollektionen von Unternehmen Einblicke ermöglichen in die Ideenwelt heutiger Kunstschaffender, dass sie anhand von Werkblöcken Interesse wecken für die Entwicklung eines Künstlers. Was als Dekoration begann, als Schmuck von Betriebsgebäuden, wächst, wie hier, häufig aus zu einer Einladung an die Mitarbeitenden und Gäste des Unternehmens, sich zu vertiefen in die Gefühls- und Gedankenwelt von Künstlern. So wird durch den Aufbau einer Sammlung und die Durchführung von Ausstellungen ein Unternehmen nicht nur zu einem Mäzen für Künstler, sondern allgemein zu einem Förderer der Gegenwartskunst. Diese wertvolle Unterstützung ist angesichts der finanziell schweren Zeiten, in denen Museen, Kunsteinrichtungen und Künstler sich befinden, äußerst willkommen und im Grunde unentbehrlich! Außerdem schneidet das Messer mit zwei Seiten: Die Kunst kann auf diese Weise überleben und das Image des Unternehmens erhält, genau wie in der Zeit der Medici in Florenz, mehr Glanz. Kurzum: Wir können der „Deutschen Bank" dankbar sein, dass wir hier nun die Bekanntschaft machen dürfen – und für einige von Ihnen ist es eine erneuerte Bekanntschaft mit dem inspirierenden Werk der Künstlerin Ulrike Arnold.

Für Ulrike Arnold ist die Erde, aber auch der Grundstoff Erde, der Anfang und das Ende aller Dinge. Die Erde in diesen beiden Bedeutungen ist ihre große Liebe, dass sich nie erschöpfende, zentrale Thema ihres Oeuvres. Die Erde ist nicht allein, zusammen mit der Sonne, seit dem Ursprung der Menschheit für den Menschen von wesentlicher Bedeutung, ein Urmaterial und Lieferant von Lebensenergie, für Ulrike Arnold ist die Erde, wie sie selbst einmal sagte, auch der Produzent von „Grundlagen für die Herstellung von Farben, mit denen der Mensch sein Bild von der Welt entwirft". Jedes ihrer Werke entsteht aus einer intensiven, geistigen und körperlichen Verbundenheit mit der Erde, die ihr Mutter und Inspiration ist. Daher sucht sie ein ums andere Mal einen wesentlichen Kontakt mit der Erde in ihrer Urform und reist regelmäßig in die Welt. Im Bemühen, mit ihrem Werk den ganzen Erdball zu umfassen, sucht sie bereits seit über zwanzig Jahren auf allen fünf Kontinenten nach Plätzen, die für sie eine unentrinnbare Energie und Magie ausstrahlen. Orte, die bei ihr wie von selbst das Bedürfnis wecken ein Bild zu schaffen. Sie begann damit 1984 in Süd-Frankreich, in der Provence. Seitdem weilte sie in Nord-Amerika (Utah, Arizona, Colorado, New Mexiko), Zentral-Australien (Alice Springs), Asien (Jemen, Japan, Süd-Indien), Süd-Amerika (Brasilien) sowie Afrika (Togo). Und dies ist nur eine Auswahl. Mit einer unstillbaren Neugier hat sie alle diese Kontinente bereist. Getrieben von dem inneren Drang, verlassene Landschaften und Orte zu finden, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahren konnten. Das heißt, die durch nicht anderes gekennzeichnet sind als durch das Klima und die Geschichte der Erde selbst. Meistens sucht sie Wüsten auf, aber auch Hochplateaus und Schluchten. Was sie besonders beeindruckt an diesen abgelegenen Orten, die sie manchmal erst nach vielen Tagen der Wanderung „entdeckt", ist deren Stille. Man ist an diesen Plätzen vollkommen der Erde ausgeliefert, sich selbst – und der Stille. Ulrike Arnold sagte dazu: „Das Alleinsein, die absolute Ruhe, das Beobachten der Naturvorgänge, der Lauf der Sonne machen mich immer ruhiger, angstloser. Ich fühle mich wohl.“ Ulrike Arnold erzählte mir auch, dass sie durch ihre tagelangen, einsamen Aufenthalte in kargen, wüsten Gebieten nicht nur ihre Angst verloren habe. Vor allem sei sie zu der tiefen Erkenntnis gelangt, dass der Mensch nur einen winzigen, unbedeutenden Teil des Universums bilde. Diese existentielle Erfahrung führte bei ihr so weit, dass sie in bestimmten Momenten davon überzeugt war, dass es eigentlich unbedeutend sei, ob sie als Individuum existiere oder nicht.

Für diejenigen unter uns, die mit dem Werk von Ulrike Arnold noch nicht vertraut sind, möchte ich jetzt kurz skizzieren, wie ihre Bilder entstehen. Wie geschildert, verbringt sie oft Wochen oder Monate in ursprünglichen, rauhen, einsamen und oft gefährlichen Gegenden. Wie ein Nomade streift sie tagelang umher, und sucht nach einer Stelle, die eine solch anziehende Magie besitzt, dass sie darauf mit einem Werk reagieren muss. Sie malt vor Ort mit den dort, in der Wüste, an Felsen, in Höhlen oder Flüssen abgegrabenen Erden, Steinen, Gesteinsstaub und Mineralien, Diese werden mühsam zerrieben oder mit einem Hammer zu Pulver zerklopft. Darm mischt sie dieses von Mineralien und Pigmenten reich kolorierte Pulver mit einem Bindemittel, meistens Öl, Wachs oder Harz. Bevor sie ihre Arbeit auf oft riesigen Leinwänden beginnt, geht sie in sich. Sie macht sich frei von momentanen, persönlichen Problemen, um einen direkten Kontakt mit der sie umgebenden Natur, dem spezifischen Ort, zu ermöglichen. Das ist der Beginn eines schöpferischen Prozesses, der kaum in Worte zu fassen ist. Sie lässt sich dabei leiten von einer großen, gefühlsmäßigen Verbundenheit mit dem auserkorenen Platz. Natürlich auch von der unvorstellbaren Schönheit der Lokalität, dem variierenden Farbenreichtum, den plastischen Formen der Landschaft und dem unbegrenzten Raum. Sie beginnt zu malen. beinahe wie der urzeitliche Mensch. Absolut intuitiv entsteht ein völlig emotional-abstraktes Bild, das ihre komplexen, nicht zu artikulierenden Erfahrungen des Moments widerspiegelt. Sie versucht auf diesen Moment, wie sie einst sagte, mit Ihren von Erinnerungen gesteuerten Bewegungen zu korrespondieren und auf einer meditativen Ebene das Wesen und die Kraft einer Landschaft zu begreifen. Daneben spielen auch zahllose andere Einsichten und Gedanken eine Rolle. Ich nenne einige: Die Naturgeschichte des jeweiligen Ortes. Das wechselnde Klima. Das sich verändernde Tageslicht. Die spärliche Vegetation. Ebenso die geheimnisvolle Geschichte der Entstehung der Erde und das Mysterium des Weltalls. Oder die Art und Weise, wie der Mensch bis heute umgeht mit unserem blauen Planeten, von dem er sich langsam entfernt. Dies alles und noch viel mehr geht Ulrike Arnold - so kann ich mir vorstellen - während des Malens durch den Kopf. Dieser ganze kreative Prozess mündet in prächtigen Werken mit großer künstlerischer Qualität, Insbesondere die immensen Gemälde aus Flagstaff, Arizona, die hier zu sehen sind, verfügen über eine starke, zusammenhängende Komposition. Diese entsteht immer gleich aus der Geste, der Bewegung, mit der Ulrike Arnold die Erdfarbe mit ihren Fingern und Händen auf die Leinwand bringt. Diese Bewegungen ihres ganzen Körpers, das Malen mit Steinen, Stöcken, Pinseln und vor allem mit Händen, das Fühlen der Erde, kurzum das körperliche Element ist ein Aspekt ihres Werkes, der von wesentlicher Bedeutung ist. Und dieser ist auch deutlich sichtbar im Werk selbst nachzuvollziehen. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist das Triptychon aus Bisbee, das in diese Ausstellung aufgenommen worden ist, mit seinen wogenden, dunkelroten Feldern, die sich über die gesamte Breite der drei Leinwände bewegen, von der einen zur anderen. Aber es sind doch an erster Stelle die Farben, die eine unmittelbare Emotion hervorrufen: das Gefühl von Erde!Ulrike Arnolds Gemälde werden häufig bestimmt von einem warmen, tiefen Rot, das manchmal nach Orange, mitunter nach Gelb neigt. Dies rührt daher, weil die Farben und Pigmente in ihren Arizona-Gemälden von vulkanischem Gestein stammen und in der Urzeit geformt wurden von Eisenoxyd. Als Kontraste fungieren in ihren Gemälden das strahlende Blau des Minerals Azurit und das Meergrün des Malachit. Ihre Kristalle brechen und reflektieren auf bezaubernde Weise das Licht. Es fällt sehr auf, dass nicht allein das gesamte Gemälde ein visuelles Abenteuer darstellt und beim Betrachter eine bestimmte Erregung bewirkt, sondern auch das Eingehen auf bestimmte Teile davon ein unglaubliches Erlebnis bietet. Auch in diesen Details spiegelt sich die Kraft des Universums wider.

Nach meiner Auffassung ist es unsinnig zu versuchen, das Werk von Ulrike Arnold einer spezifischen Richtung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zuzuordnen und sie auf diese Weise kunsthistorisch zu klassifizieren. Ich werde das auch nicht tun. Ihr Werk setzt nicht, wie einst behauptet wurde, die informelle Kunst von der 40-er und der 60-er Jahre fort. Meiner Ansicht nach gehört Ulrike Arnold sicher nicht zu Künstlern wie Wols, Hans Härtung, Georges Mathieu oder Jean-Paul Ripelle. Und obwohl sie selbst eine große Bewunderung hegt für Jackson Pollock und sich verwandt fühlt mit den Materialbildern von Antonio Tapies, möchte ich ihre Gemälde auch nicht verbinden mit dem Werk dieser bedeutenden Künstler. Es wird doch schnell deutlich, dass ihr Werk wenig zu tun hat mit der Art von Dynamik der „action paintings" und der „dripping"-Technik von Pollock. Auch nichts mit dem expressiven Gebrauch von Material und Form durch Tapies. Das Werk von Ulrike Arnold ist meines Erachtens in sich selbst begründet. Es ist einmalig. Es verfugt über eine sehr eigene, künstlerische Qualität. Ihre Gemälde leben durch die natürliche Bewegung, durch ihre Komposition, als wäre sie eine erstarrte Form der Geste. Außerdem sind es die reichen Farben der Erde selbst, mit ihren zahllosen Nuancen zwischen warm und kalt, die die Betrachtung eines ihrer Gemälde zu einem intensiven Erlebnis mache. Aber es gibt mehr!

Seit zwei Jahren hat Ulrike Arnold ein für sie vollkommen neues Gebiet entdeckt. Der Zufall wollte es das sie 2003 in Flagstaff Arizona, wo sie sich regelmäßig aufhält, einen Meteoritenforscher und -Sammler kennen lernte. Dieser amerikanische Spezialist, Marvin Kilgore, war sofort interessiert an ihrer Kunst und stellte ihr Meteoritenpartikel zur Verfügung. Kilgore hat dieses Material an Fundplätzen auf vier Kontinenten gesammelt. Um eben ein Bild aufzurufen von dem Geheimnis und der Magie, die Meteoriten umgeben, folgen kurz einige sachliche Angaben über das Phänomen. Der Mineraloge und Physiker Gero Kurat schreibt in dem fesselnden Buch „Meteoriten. Was von außen auf uns einstürzt" folgendes: „Das Wachstum der Erde begann vor 4,5 Milliarden Jahren, war in der Anfangsphase hektisch und katastrophal, verlangsamte sich vor etwa 3,8 Milliarden Jahren, setzt sich bis heute auf einer Sparrate fort und wird sich weiter fortsetzen bis zum Ende dieser Welt (in etwa 5 Milliarden Jahren) in der Sonne, die inzwischen zu einem Roten Planeten entartet sein wird. Die Erde sammelt auf ihrem Weg um die Sonne ständig außerirdische Materie in der Form von Atomkernen, Staub und größeren Körpern mit Massen bis zu 10 Millionen Tonnen: Meteoriten und Meteoriden. Ein Meteorit ist eine Masse von 10 Gramm oder mehr. Die dringen mit kosmischer Geschwindigkeit – 10 bis 90 km pro Sekunde – in die Erdatmosphäre ein. Sie werden durch die Kollision mit Luftmolekülen erhitzt, ihre Oberfläche schmilzt und verdampft teilweise. Diesen Vorgang sehen wir häufig und nennen die Erscheinung „Meteor": „Sternschnuppe", wenn klein, „Feuerball", wenn groß. Die meisten Meteoriten sind Steinmeteoriten (85%) und heißen Chondrite. Sonst gibt es noch Eisenmeteoriten. Alle Meteoriten sind sehr alt, sie entstanden vor 4,5 Milliarden Jahren, zusammen mit der Sonne und den Planeten (...). Die Meteoriten waren also offensichtlich dabei, als die Sonne, die Erde und die anderen Planeten entstanden; sie können uns davon Geschichten erzählen und diese Tatsache macht sie besonders wertvoll und geheimnisvoll."

ENDE ZITAT 

Ulrike Arnold hat also diesen geheimnisvollen, außerirdischen Meteoritenstoff mit beiden Händen erfasst und gleich für eine Serie neuer Arbeiten verwendet. Erstaunlicherweise kommt diese Materie auf unserer Erde nicht vor, denn sie gehört zu einer Verbindung, die sich nur in unserem Universum gebildet hat. Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, das diese Meteoritenstoffe und -steine schon im Universum schwebten, bevor unsere Erde entstand!

Gerade das hat Ulrike Arnold unglaublich fasziniert. Sie sah und berührte diese Materie voller Ehrfurcht und erkannte damals aufs Neue, wie relativ und winzig der Mensch ist in der Gesamtheit von Kosmos und Weltall. Was wir auf diesen Meteoritenbildern sehen, ist metallhaltiges Gestein oder bräunlicher, mit silbrig glitzernden Splittern durchsetzter Staub. Das Prinzip des Malens ist bei diesen Arbeiten übrigens dasselbe geblieben. Sie streicht die Farbe mit großen Gesten auf das Tuch und kreiert so wolkige Felder mit Meteoritenmaterial. Manchmal bleiben Teile der Leinwand leer und konzentriert sich das Meteoriten-Feld in einer Ecke des Gemäldes, was ihm eine besondere Spannung verleiht.

Selbstredend sind die Meteoritenbilder von Ulrike Arnold weitaus kühler als die Erdbilder, vor allem weil sie von schwarzer, dunkelbrauner und anthrazitgrauer Farbe sind.

Nach meinem Gefühl sind diese letzten Werke aufgrund ihrer kühlen Magie eine poetische, künstlerische Übertragung aller Fragen, Rätsel und Mysterien nicht allein des Weltalls, sondern auch von uns selbst, von unserer eigenen Existenz.

Sie rufen Fragen hervor über das Entstehen der Planeten, über die Zeit davor und über den Ursprung des Menschen; Fragen, die wir wahrscheinlich nie beantworten können. Und möglicherweise ist es auch das Beste um immer wieder aufs Neue fragen zu können, in dem Bewusstsein, dass es keine Antwort gibt. Mit dem Folgenden möchte ich gerne schließen.

Ich glaube, dass die Werke von Ulrike Arnold nicht betrachtet werden sollten als auf sich selbst bezogene Kunstwerke, bei denen es lediglich um die Ästhetik geht, die vielleicht nur noch korrespondiert mit dem Unterbewusstsein des Künstlers.

Es steht für mich fest, dass ihre Gemälde eine faszinierende Komposition, einen mitreißenden Farbeinsatz und integrierende Details besitzen. Mit Blick auf die Kunst des letzten halben Jahrhunderts steht ihr Werk auf einem hohem Niveau.

Trotzdem können wir ungeachtet dieser hohen bildkünstlerischen Qualität, ihr Werk niemals losgelöst vom Kontext sehen, in dem sie entstanden sind. Ihre Form, Inhalt und Ausgangspunkte sind unauflösbar miteinander verbunden. Konzept, Kontext und Ausführung bilden für sie eine absolute Dreier-Einheit. Ausgehend von ihrem Band mit der Erde und dem Weltall, das heißt den Kräften der Materie, versucht Ulrike Arnold mit dem Einsatz ihrer ganzen Person schöpferisch tätig zu sein. In diesem Sinne schließt ihr Werk perfekt an die zahlreichen Tendenzen in der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an, in dem der Künstler sein Atelier verlässt, nach draußen geht und die Welt zu seinem Werkplatz macht. Ich denke hierbei besonders an Joseph Beuys, der mit seinem „Erweiterten Kunstbegriff' und seiner Auffassung, das „Denken Plastik" ist, die Grenzen der traditionellen Kunst weit überschritten hat.

Das Werk von Ulrike Arnold enthält ohne Zweifel eine Botschaft, eine Botschaft ohne Worte. Als bildende Künstlerin will sie den Menschen, die dafür empfänglich sind, allein durch das magische Bild, das sie auf ihrer Leinwand entstehen lässt, bewusst machen, dass wir aus der Erde hervorkommen, dass die Erde, die Sonne und das Weltall unsere wichtigsten Quellen sind, woraus wir unsere unentbehrliche Energie schöpfen dürfen. Daher ist das Werk von Ulrike Arnold im Grunde positiv und beruhigend. Ihre Gemälde scheinen uns zu sagen: “Bleib an der Erde, schau und betrachte die unermessliche Schönheit des Kosmos, Allein dann kommen wir zum Kern unserer Existenz und werden wir überleben!''

Jaap Bremer
Kroeller Moeller Museum, Otterlo


 

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